Das Kraichgaudorf

„Am Brunnen vor dem Tore, da steht ein Lindenbaum, ich träumt in seinem Schatten so manchen süßen Traum“ reimte der deutsche Dichter Wilhelm Müller in wehmütiger Sehnsucht nach einer heilen Welt. Brunnen wurden schon immer als Lebensquell verehrt. Doch die traditionelle Anlaufstelle zum Wasserholen und Wäsche waschen erfüllte auch wichtige soziale Aufgaben. Hier traf sich die Dorfgemeinschaft. Sechs Gemeinden am Übergang vom Kraichgau zum Odenwald hin haben sich den Namen „Brunnenregion“ gegeben – und das aus gutem Grund. In den Orten stehen noch viele historische Brunnen als Denkmäler der alten Geschichten, die sich um die geheimnisvollen Wasserspender ranken. Diese kostbaren Schätze der Heimat nicht zu vergessen, die Hügellandschaft mit Streuobstwiesen, Wäldern und Feldern bekannt zu machen, haben sich Waibstadt und Neckarbischofsheim, Epfenbach und Neidenstein, Helmstadt-Bargen und Reichartshausen zur Aufgabe gemacht. Gehen sie in Gedanken mit auf die Brunnentour. Beschreiten sie neue und alte Wege.


"Helmstadt-Bargen"

Wasserschloss Helmstadt Auf dem Rande des märchenhaften Ziehbrunnens am Helmstadter Hofgut Wasserschloss hätte jeder Froschkönig gerne seine Prinzessin geküsst. Blumengeschmückt und erhaben zeigt sich der Renaissance-Brunnen dort wo einst die mächtigen Herren von Helmstatt eine ihrer zahlreichen Adelssitze errichtet hatten. Der Schwarzbach, der im Kleinen Odenwald entspringt durchzieht den Ort. In der Mitte des 16. Jahrhunderts führte eine bedeutende Geleitstraße von Heilbronn über Wimpfen nach Heidelberg. Bargen und Flinsbach, beides sehr schön gelegene alte Kraichgau-Dörfer, gehören ebenfalls zur Gemeinde. Ein beliebter Treffpunkt für die ganze Gemeinde ist die Förstelhütte im Gemeindewald, die im Rahmen der Brunnentour erwandert werden kann und zum gemütlichen Rasten einlädt.
Mal mit Rippchen oder Speck, mal mit Sahne – es geht weg! Der Helmstadter Sauerkrautmarkt steht ganz im Zeichen des von Wilhelm Busch hoch gelobten Sauerkohles und wer weiß, vielleicht hat sich auch die Witwe Bolte dort schon eine Portion geholt. Aus dem kleinen Nachkriegs-Erntemarkt mit einem Marktschreier und zwei Ständen, an denen es „Gutsele“ – Bonbons – gab, entstand ein Markt mit zentraler Bedeutung für die Brunnenregion. An Gewürzständen, Bürstenmachern und Krauthobel-Verkäufern. vorbei zieht der säuerlich-pikante Duft des Gerichtes, oft versetzt mit Lorbeerblättern, durch die Gassen.
Der Ingelheimer Hof liegt auf Helmstadter Gemarkung und liegt eingebettet in die sanfte Hügellandschaft rund vier Kilometer vom Hauptort entfernt. Der kleine Weiler ist seit dem 13. Jahrhundert bekannt und seither kaum gewachsen. Gudrun Laible ist hier daheim. „Wir Frauen müssen unsere Interessen auch politisch verfolgen, bis Erfolge zu sehen sind“, ist der Landfrau im engeren und weiteren Sinn wichtig. Die 68-Jährige lebt und arbeitet auf dem landwirtschaftlichen Hof und ist heute Ehrenpräsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Baden. Bis vor ein paar Jahren war die Meisterin der ländlichen Hauswirtschaft im Bundesvorstand des Landfrauenverbandes und Präsidentin des Landesverbandes. Gudrun Laible wurde in Ladenburg geboren. Nach Ausbildungen zur Guts-Sekretärin und zur Hauswirtschafterin im ländlichen Bereich lernte sie ihren Mann kennen und zog auf den Ingelheimer Hof. „Ich habe hier im Laufe der Zeit 34 Lehrlinge ausgebildet“, blickt sie zurück. „Meine Schwiegermutter hatte nach dem Krieg im Kreis Sinsheim die Landfrauen gegründet und ich bin da hineingewachsen“, erklärt sie. In verschiedenen Positionen hat Gudrun Laible ihr Ehrenamt insgesamt 40 Jahre gelebt und wurde 1999 als erste Frau in Deutschland in den Aufsichtsrat einer Genossenschaftsorganisation gewählt. „Die meisten Ämter habe ich nun abgegeben“, sagt die Mutter dreier Töchter, die alle drei in den Bereichen Hauswirtschaft und Landwirtschaft tätig sind. Wie es dazu kam? „Wir Eltern haben eben nicht nur über unseren Beruf gejammert und unsere Kinder konnten miterleben, was wir arbeiteten“. Die „Hauswirtschafterin mit Leib und Seele“ unternimmt immer wieder Bildungsreisen – ein Höhepunkt war eine Fahrt nach Japan. Durch die mit Japanerinnen entstandenen Kontakte Seither kamen immer wieder Frauen und ihre Familien auf ihren Hof, um für kurze Zeit dort mit zu leben. Regelmäßig ist die Landwirtin mit selbst gestalteten Diavorträgen bei Landfrauen-Gruppen unterwegs. Daheim auf dem Hof für Schweinezucht und Getreideanbau hält sie 20 Hühner. „Die Eier kaufen? Soweit kommt es gerade noch“, entrüstet sie sich lachend. In der Küche kühlen duftende Brotlaibe aus. Sie wurden frisch gebacken und gerne nimmt sie sich auch der Marmeladen-Herstellung an. Quitten- und Holunderblütengelee gehört dazu. „Ich habe ein gutes Verhältnis zum Kochen“, betont Gudrun Laible, doch sie möchte verhindern, dass die Landfrauenarbeit allein unter diesen lebenspraktischen Aspekten gesehen wird: „Die Bildungsarbeit an der Basis ist wichtig“, hat sie immer wieder erfahren.